Richard Porstmann
Politische Risiken in der Lieferkette: Was Manager beachten sollten
Lesezeit: 15 Minuten
Inhaltsverzeichnis
The interplay between politics and business defines the risk landscape of today’s globalized economy.
In der globalisierten Wirtschaft sind Lieferketten das Rückgrat vieler Unternehmen. Doch je enger Unternehmen mit internationalen Märkten verflochten sind, desto anfälliger werden sie für politische Risiken. Handelsrestriktionen, Sanktionen oder soziale Unruhen können Lieferketten plötzlich unterbrechen und weitreichende Folgen für Produktion und Geschäftsbetrieb haben.
Dieser Beitrag beleuchtet, welche politischen Risiken in Lieferketten auftreten können, wie sie sich auswirken und welche Strategien Manager einsetzen können, um sie effektiv zu bewältigen.
Was sind politische Risiken in der Lieferkette?
Politische Risiken umfassen alle externen Ereignisse, die aufgrund von politischen, rechtlichen oder gesellschaftlichen Entwicklungen den reibungslosen Ablauf einer Lieferkette beeinträchtigen können. Dazu gehören:
- Geopolitische Spannungen wie Handelskriege, Grenzschließungen oder Embargos, die den Zugang zu Märkten und Ressourcen erschweren.
- Regulatorische Änderungen, etwa neue Zollvorschriften, ESG-Anforderungen oder steuerrechtliche Reformen, die die Rahmenbedingungen für Handelspartner verändern.
- Soziale Unruhen in Produktionsländern, wie Proteste oder Streiks, die den Betrieb in Fabriken und Logistikketten gefährden.
- Korruption in bestimmten Regionen, die rechtliche und ethische Herausforderungen mit sich bringt.
Die Bedeutung dieser Risiken nimmt zu, da Unternehmen zunehmend global operieren und Veränderungen auf der politischen Bühne unmittelbare Auswirkungen auf ihre Lieferketten haben können.
Warum sind politische Risiken so bedeutsam?
Die Auswirkungen politischer Risiken auf Lieferketten können erheblich sein. Verzögerungen in der Produktion und Lieferung, steigende Kosten durch Zölle oder Compliance-Anforderungen sowie der Verlust von Geschäftspartnern in sanktionierten Regionen sind nur einige Beispiele. Zudem können Unternehmen durch die Zusammenarbeit mit politisch kontroversen Akteuren ihr Image gefährden.
Ein aktuelles Beispiel für die Relevanz politischer Risiken zeigt sich in den geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China, die den Technologietransfer und den Zugang zu bestimmten Produkten massiv beeinträchtigt haben.
Wie können Unternehmen politische Risiken minimieren?
Um politische Risiken in der Lieferkette effektiv zu managen, sollten Unternehmen folgende Strategien verfolgen:
Monitoring und Analyse
Die Beobachtung politischer Entwicklungen ist essenziell. Frühwarnsysteme und politische Analysen helfen dabei, Risiken frühzeitig zu identifizieren. Die Zusammenarbeit mit lokalen Experten kann zusätzlich wertvolle Einblicke in spezifische Regionen liefern.
Diversifikation der Lieferkette
Eine zu starke Abhängigkeit von einem einzelnen Lieferanten oder einer Region ist gefährlich. Manager sollten ihre Lieferketten diversifizieren, indem sie alternative Lieferanten in unterschiedlichen Ländern aufbauen
Compliance und Governance
Die Einhaltung von Sanktionen und internationalen Standards ist unerlässlich. Unternehmen sollten ihre Teams in politischer Sensibilität und ethischem Handeln schulen, um rechtliche und reputationsbezogene Risiken zu minimieren.
Flexibilität in Verträgen
Verträge sollten auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren können. Force-Majeure-Klauseln – auch als Klauseln für höhere Gewalt bezeichnet – sind in Verträgen üblich, um unvorhersehbare, unkontrollierbare Ereignisse wie Naturkatastrophen, Pandemien oder politische Krisen abzudecken. Während sie im Vertrieb genutzt werden, um Unternehmen vor Schadensersatzansprüchen bei Lieferverzögerungen zu schützen, bergen sie jedoch für den Einkauf Risiken, wenn Lieferungen ausbleiben. Um dies zu vermeiden, sollten folgende Maßnahmen getroffen werden:
- Präzise Definition: Nur klar benannte Ereignisse gelten als höhere Gewalt. Schwammige Begriffe wie „wirtschaftliche Schwierigkeiten“ ausschließen.
- Informationspflicht: Lieferanten müssen bei einem Ereignis sofort und detailliert informieren.
- Schadensminimierung: Lieferanten verpflichten, Alternativen wie Sub-Lieferanten oder Umschichtungen zu prüfen und mitzuteilen.
- Risikoteilung: Verhandlung von Übergangslösungen, z. B. alternative Bezugsquellen.
- Monitoring: Regelmäßige Risikoanalyse der Lieferkette und Diversifikation der Lieferantenbasis.
Mit klug gestalteten Klauseln bleiben Unternehmen handlungsfähig, ohne Lieferanten vollständig zu entlasten.
Ein Beispiel für die erfolgreiche Verhandlung von Anpassungsklauseln zeigt sich im Bereich der Automobilindustrie:
Ausgangssituation:
Ein deutsches Unternehmen, das auf Batterien für Elektrofahrzeuge spezialisiert ist, bezieht essenzielle Rohstoffe wie Lithium und Kobalt aus einem Land, das plötzlich durch internationale Sanktionen betroffen wird. Die Einfuhr dieser Rohstoffe wird erheblich eingeschränkt, was die Lieferkette und damit die gesamte Produktion gefährdet.
Lösung durch Anpassungsklauseln:
Bereits bei Vertragsabschluss hat das Unternehmen in Zusammenarbeit mit der Rechtsabteilung und den Lieferanten eine Klausel eingeführt, die auf politische Veränderungen reagiert:
- Die Klausel sieht vor, dass Lieferanten verpflichtet sind, bei politischen Restriktionen alternative Bezugsquellen zu erschließen.
- Gleichzeitig enthält der Vertrag eine Preisgleitklausel, die bei neuen Zöllen oder höheren Kosten durch Umwege die Preisanpassung ermöglicht.
Ergebnis:
Dank dieser Vereinbarung konnte der Lieferant innerhalb weniger Wochen Rohstoffe aus einem anderen Land beziehen. Zwar führte dies zu einem moderaten Preisanstieg, aber die Produktion blieb ununterbrochen. Zudem wurden durch die transparente Regelung langwierige Verhandlungen und mögliche Rechtsstreitigkeiten vermieden.
Ein Praxisbeispiel: Der Suezkanal-Unfall
Im März 2021 blockierte ein Containerschiff den Suezkanal – eine der weltweit wichtigsten Handelsrouten. Unternehmen auf der ganzen Welt waren betroffen, Lieferungen verzögerten sich um Wochen, Produktionspläne gerieten ins Stocken, und Kunden drohten mit Vertragsstrafen.
Wie reagieren Manager in solchen Krisensituationen?
- Umgehungsrouten: Viele Unternehmen organisierten kurzfristig alternative Routen über Kapstadt, um die Versorgung sicherzustellen.
- Kommunikation: Transparenz gegenüber Kunden half, Verständnis und Vertrauen aufrechtzuerhalten.
- Diversifikation: Langfristig setzten Unternehmen auf eine breitere Lieferantenbasis, um ähnliche Vorfälle künftig besser abzufedern.
Fazit: Handlungsempfehlungen für Manager
Die Rolle des Managers
Ein erfahrener Manager ist in solchen Situationen unverzichtbar. Er bewertet Risiken schnell, entwickelt kurzfristige Lösungen und bindet alle relevanten Stakeholder ein – von Lieferanten und Kunden bis zu internen Teams. Besonders wichtig ist der Rückgriff auf Erfahrungen aus internationalen Projekten, um kreative und pragmatische Lösungswege zu finden.
Politische Risiken sind eine unvermeidbare Realität in den heutigen globalen Lieferketten. Doch mit einer vorausschauenden Strategie lassen sie sich effektiv managen. Erfahrene, und entsprechend vorbereitete Manager zeichnen sich durch Flexibilität, fundiertes Wissen und proaktives Handeln aus. Sie reagieren nicht nur auf Krisen, sondern gestalten ihre Lieferketten so, dass sie in turbulenten Zeiten widerstandsfähig bleiben.
Wer sich vorbereitet und die richtigen Werkzeuge nutzt, kann politische Risiken nicht nur meistern, sondern sie in langfristige Chancen für das Unternehmen verwandeln.
Conclusions
-
Hauptarten politischer Risiken: Geopolitische Spannungen, regulatorische Änderungen, soziale Unruhen und Korruption stellen die größten politischen Risiken in globalen Lieferketten dar und können Produktionsunterbrechungen oder steigende Kosten verursachen.
-
Strategien zur Risikominderung: Unternehmen sollten politische Entwicklungen überwachen, Lieferketten diversifizieren, Compliance-Standards einhalten und Verträge flexibel gestalten, um auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren zu können.
-
Rolle von Vertragselementen: Präzise Anpassungs- und Force-Majeure-Klauseln in Verträgen helfen, rechtliche und wirtschaftliche Herausforderungen bei politischen Krisen zu bewältigen.
-
Erfolgsfaktoren im Krisenmanagement: Manager müssen schnell handeln, alternative Lieferquellen erschließen, transparent kommunizieren und Stakeholder effektiv einbinden, um Auswirkungen von politischen Krisen zu minimieren.
-
Langfristige Widerstandsfähigkeit: Vorausschauendes Risikomanagement und flexible Lieferketten ermöglichen es Unternehmen, politische Risiken nicht nur zu bewältigen, sondern sie in Wettbewerbsvorteile zu verwandeln.
Haben Sie Anregungen oder Gedanken zu diesem Thema, dann schreiben Sie mir.